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Vortrag: Über ein Leben mit Krankheit oder treffender: "Lachen ist die beste Medizin!"

Aktualisiert: 15. Dez. 2019


„Kannst du dir vorstellen, einen Vortrag über deinen positiven Umgang mit deiner Erkrankung zu halten?", fragt mich Regine Adam. Klar kann ich das. Mir macht es nichts aus, vor Leuten zu sprechen. Ich bin dabei auch kaum mehr aufgeregt. Ist das normal? Vielleicht nicht. Aber als normal bezeichne ich mich ja schon lange nicht mehr 😊.


Regine hatte mich eigentlich schon vor einem Jahr gefragt. Sie ist zweite Vorsitzende des Fördervereins für ambulante Kranken-, Familien- und Altenpflege Beilngries. Aber während ich krankgeschrieben war, wollte ich nicht unbedingt öffentlich sprechen. Nun ist ja alles abgeschlossen. Dienstag, 12. November, ist ein guter Zeitpunkt. Zumal diese Veranstaltung nun auch ziemlich genau ein Jahr nach dem Zeitungsbericht "Das Leben ist ein Geschenk" stattfindet. Diesen sehr umfangreichen Artikel im Donaukurier über meine Person und über die erste Zeit meiner Krankheit hatte ebenfalls Regine geschrieben. Es gab damals sehr viel positive Rückmeldungen dazu. Ich denke mal, dass einige Leser/innen interessiert, was aus dieser Krebspatientin wurde. Und so stand schließlich eine sehr einladende Vorankündigung in unserer Lokalzeitung: Über ein Leben mit Krankheit.


Lachen ist die beste Medizin


Gott sei Dank war dann auch bei meiner Nachsorgeuntersuchung bei meinem Frauenarzt eine Woche vor diesem Termin alles in Ordnung. Das hätte mich für meinen Vortrag dann doch etwas herausgefordert. Mein Anfangsbild war nämlich das Titelbild von meinem Blog, auf dem ich ganz entspannt lache. Dieses hatte mein Fotofreund Mevlüt auf dem Fußballplatz in meiner ersten Chemowoche aufgenommen. Eine Kernbotschaft des Vortrags lautet nämlich: Man kann auch trotz Krankheit fröhlich bleiben. Man sollte sogar gezielt darauf achten, das man möglichst viel zum Lächeln kommt. Denn dadurch zieht man die Mundwinkel nach oben. Automatisch werden dadurch stimulierende Glückshormone ausgeschüttet. Der Psyche und somit auch dem ganzen Körper geht es dadurch gleich besser. Und wenn es einem gut geht, hat der Körper viel mehr Abwehrkraft, um wieder gesund - bzw. erst gar nicht krank - zu werden. Das ist etwas, das somit jeder zu seiner eigenen Gesundheit beitragen kann.


Und Lachen, gute Laune ist auch ansteckend. Es wäre doch einfach zu schön, wenn unsere Gesellschaft ein bisschen fröhlicher würde. Wir wären dadurch vermutlich auch gesünder! Denn zwei allgemein bekannte Sprichwörter heißen: „Lachen ist die beste Medizin" und „Lachen ist gesund!" Umgekehrt heißt es aber auch: „Das macht mich krank" oder sogar „Ich ärgere mich zu Tode"! Daher sollten wir wirklich schauen, dass wir uns in einem positiven Umfeld bewegen. Ärger lässt sich natürlich nicht immer vermeiden. Aber wenn man sich tagein tagaus über eine bestimmte Situation ärgern muss, sollte man nach einer Lösung suchen. Denn Krankmachendes sollte sich keiner auf Dauer zumuten.


Authentisch sein


Aber Lachen, wenn man gerade eine negative Diagnose bekommen hat? Tja, da wird es dann schon echt herausfordernd. Ich denke nämlich, dass es auf jeden Fall auch wichtig ist authentisch zu bleiben. Authentisch bedeutet für mich: Ehrlich zu sich selbst. Eine negative Diagnose ist natürlich erst einmal total „Schei..". Ein besseres Wort fällt mir dazu wirklich nicht ein. Ich hatte das ja auch erlebt. In meinem Vortrag berichte ich von der Situation nach der Operation: Als ich erfuhr, dass meine Lymphe befallen waren. Da hatte es mir ja wirklich zumindest für eine geschlagene halbe Stunde tatsächlich den Appetit verschlagen. Aber es ist dann auf jeden Fall wichtig, nicht in ein negatives Gedankenkarussell einzusteigen - sondern möglichst schnell wieder raus aus der Gefühlsebene in die Verstandesebene zu kommen. Der Verstand kann einem dann zuflüstern oder je nach der jeweiligen Hartnäckigkeit der negativen Gefühle auch einbläuen: „Jammern, klagen hilft einem nicht weiter." Im Gegenteil das zieht nur noch mehr herunter und dann geht es einem letztendlich noch schlechter.


Jeder braucht zum Verarbeiten von negativen Botschaften sicherlich seine individuelle Zeit. Es kommt ja auch darauf an, in welchem Bereich diese sind. Mich belasten etwa Schwierigkeiten auf der Beziehungsebene viel mehr als die auf der körperlichen Ebene. Das kann bei anderen ganz anders sein. Aber wenn man über längere Zeit in einer Starre oder Frustration stehen bleibt, dann schadet man sich selbst. Manchmal will man das zwar bewusst. Den eigenen Frust ausleben. Ja, das gehört vielleicht auch für eine bestimmte Zeit dazu. Aber irgendwann sollte man dann auch wieder einen Schlussstrich ziehen. Sonst wird man im wahrsten Sinne: „Seines Lebens nicht mehr froh."


Schwarzer Humor


Tja, und wenn man dann gar nichts mehr zum Lachen hat, dann hilft es vielleicht auch, sich über die tragische Situation lustig zu machen. Makabere Witze waren für unsere Familie vor allem in der Anfangszeit eine Art Zwischenlösung bis die Prognose bei mir wieder etwas freundlicher wurde. In dieser Zeit blieb tatsächlich nur der sogenannte schwarze Humor. Aber, ich würde mal sagen: Hauptsache Lachen und die Mundwinkel nach oben klappen lassen.


Auch die Frauen auf dem Forum mit Krebs praktizieren dies. Für mich war das eine interessante Entdeckung. Ich habe mich nämlich wirklich auch gefragt: Wie kann man es aushalten, wenn es einem noch schlechter geht als mir? Ich kann ja noch hoffen, dass ich aus dem Ganzen einigermaßen glimpflich wieder herauskomme. Wie würde ich aber reagieren, wenn ich bei einer Nachsorgeuntersuchung die Nachricht bekommen würde, ich hätte nun Metastasen in den verschiedenen Organen?


In dem Forum gibt es verschiedene Themenbereiche. Ein Thread heißt: „Austausch bei fortgeschrittener Erkrankung (z.B.: unheilbar, palliativ, ohne Therapie), mein Blick auf mein restliches Leben". Dort schreiben sich betroffene Frauen fiktiv, dass sie sich zu einer „Statistik- und Leberknödelparty" treffen wollen. Denn sie wollen jeglicher prophezeiten Statistik trotzen. Voller Esprit schreibt dort eine Frau, die erst ein paar Wochen vorher von Metastasen in ihrer Leber erfahren hat:

„Ich sehe uns schon irgendwo in der Mitte von Deutschland mit unseren (Schwerbehinderten-) Ausweisen behangen 😁. Nur Leberknödel streichen wir von der Speisekarte, ansonsten ist alles erlaubt 😁."


Eine andere Frau antwortet darauf:

Wenn ihr Hirn auch von der Speisekarte streicht, bin ich auch mit dabei. Habe seit 3,8 Jahren mit Hirnmetastasen zu kämpfen und bin statistisch gesehen schon lange tot gesagt."


Der nächste Beitrag dazu lautet:

Und liebe Leute: Saure Nierchen gibts bitte auch keine!"


Worauf die erste Betroffenen wieder schreibt:

„Bäh, saure Nierchen mag doch kein Mensch freiwillig essen!

Ich fasse mal zusammen:

- keine Leber

- kein Hirn

- keine sauren Nieren

Da bleibt noch genug Leckeres übrig!"


Richtig, da bleibt noch genug übrig. Diese Frauen imponieren mich und auch ganz viele andere Betroffene durch ihre Power und ihre humorvolle Energie. Unzählige Dankes- und Lobesworte folgten noch auf diese witzigen und dennoch Mut machenden Worten.


Denn so einfach und Abstrus diese Konversation auch ist: Sie ist für mich eine Art Schlüsselerlebnis. Gibt es mir doch Antwort auf meine Frage, wie ich mich bei der Hiobsbotschaft von Metastasen und damit die Ankündigung eines zumindest statistisch gesehen näher gerückten Todes, verhalten würde: Nämlich genau das, was ich ja bereits mit der jetzigen Krebsdiagnose auch mache: Einen gesunden Humor nicht verlieren. Ja, und auch hier steckt dieses positive Wort „gesund" schon wieder drin.


Ganz klar: Mit Humor ist alles leichter.


Und das wollte ich auf dem Vortrag rüberbringen. Daher baute ich mein Konzept ein bisschen wie einen Kabarett-Abend auf. Die Leute sollten immer wieder auch total befreit lachen können. Anekdoten, witzige Bilder und vor allem mein unbeschwertes Lachen animierte die ca. 40 Personen dann tatsächlich dazu, herzlich mitzulachen. Sodass der 1. Vorsitzende am Ende grinsend meinte: Er habe zwar vieles erwartet, aber auf keinem Fall, dass der Abend zum Thema Krankheit ein so lustiger werden würde.


Der Vorsitzende Thomas Geiser hilft mir beim Aufbau der technischen Geräte: Beamer, Laptop und Lautsprecher.


Viele positive Bekundungen von Seiten der Zuhörer bescheinigten, dass ihnen der Vortrag gefallen hat. Auch über den Pressebericht bekam ich positive Rückmeldungen. Regine Adam hat das Wesentliche wieder in ihrer bewährt erstklassigen Art zu schreiben in dem Zeitungsartikel "Wartet nicht auf später- gönnt es euch, jetzt zu leben" für den Donaukurier super gut zusammengefasst. Anfangs dachte ich zwar: Oje, auf diesem Bild lache ich vielleicht doch etwas zuviel. Aber eigentlich wollte ich ja auch gerade diese Botschaft mit dem unbeschwerten Lachen rüberbringen. Von daher hatte sie sogar in dieser Hinsicht ein gutes Händchen.


Ein erstaunliches Feedback bekam ich dann durch den Anruf eines Arztes ein paar Tage später: Er bedankte sich dafür, was ich durch meinen Beitrag in der Zeitung für die Allgemeinheit gemacht hätte. Als ich nachfragte, was er denn damit meine, antwortete er: Er habe sich auch schon immer gefragt, wie er wohl bei so einer Diagnose reagieren würde. Meine Art damit umzugehen, habe ihn schwer beeindruckt. Vielleicht konnte ich ja auch anderen Menschen durch mein Beispiel so ein Schlüsselerlebnis verschaffen, so wie ich es durch die mutigen Frauen im Internet bekam. Das würde mich echt freuen, denn das war ja eigentlich auch meine Intention.


Mit allen Sinnen begreifen


Da ich gerne mit allen Sinnen arbeite, hatte ich noch Zitronen als Anschauungsobjekt dabei. Zum einen verknüpfte ich damit eines meiner Lieblingssprichwörter, das ich erst während meiner Therapie kennengelernt hatte: "Schenkt das Leben dir Zitronen, mach Limonade daraus." Zum anderen legte ich diese in eine Schachtel. Dazu steckte ich später eine schimmlige dazu - und verschloss die Kiste mit einem Deckel. Dazu erzählte ich, dass man zuhause, wenn man eine gammlige Zitrone in einer Obstschale sieht, diese vermutlich immer sofort entfernt: Man will auf keinen Fall, dass auch die anderen durch die Schimmelsporen angesteckt werden. Fast niemand würde daran vorbeigehen und die schimmlige Zitrone länger darin liegen lassen. Ob wir in uns auch bereits eine Krankheit haben, wissen wir nicht. Man kann wie bei den Zitronen in der Kiste nicht so leicht in uns reinschauen. Eine Vorsorgeuntersuchung ist eine Möglichkeit, Krebs oder auch andere Krankheiten zu entdecken. Nutzen wir diese doch regelmäßig. Denn je früher eine Krankheit entdeckt wird, umso weniger Schaden kann diese anrichten. Eigentlich wissen wir das ja, aber so viele Gründe halten uns dennoch immer wieder ab, regelmäßig nachzuschauen. Keine Zeit! Soviel Wichtigeres. Es wird schon nichts sein. Vielleicht sogar die Angst, dass tatsächlich etwas ist. ... So hatte ich auch gedacht. Letztendlich musste ich dann um ein vielfaches an Zeit aufwenden, als die Zeit, die ich gebraucht hätte, besser auf mich zu schauen. In meinem Fall mit regelmäßigem Abtasten der Brust.


Die Ermunterung für die Männer zu den Voruntersuchungen zu gehen, zog ich an Hand unseres Autos - einem grünen Bora - auf. Ich fuhr vor einigen Jahren ins Dorf und mein Wagen blieb von einer Minute zur anderen einfach stehen. Gerade noch, dass ich ihn in eine Hofeinfahrt lenken konnte. Es stellte sich heraus, dass der Zahnriemen des Motors gerissen war. Dies bedeutete Totalschaden. Das Auto wurde dann direkt von dort zum Schrottplatz transportiert. Wir hatten vergessen, bzw. uns nicht die Zeit genommen, den Kundendienst zu machen. Hätten wir das gemacht, wäre das mit Sicherheit festgestellt worden und der lädierte Riemen wäre ausgewechselt worden. Jetzt sind die meisten Deutschen aber bei Autos in der Regel sehr gewissenhaft. Immerhin sind sie sehr teuer. Halten sie ja auch 15 Jahre. Danach werden sie allerdings meist ausgetauscht.

Wie viel mehr dauert doch das Leben eines Menschen... Und dieses ist unersetzbar.


Abschluss mit Musik


Zum Thema „alle Sinne" wollte ich dann noch ein gutes Lied am Ende haben. Und was gibt es dazu besseres wie die Lieder von der Band Unheilig": Geboren um zu leben. Dieses Mal in einer Version mit sehr guten Zitaten. Leider muss man das Lied fast dreimal anschauen, um auch die Zitate zu erfassen. Denn man kann sich kaum auf einen so anspruchsvollen, auf Deutsch gesungenen Liedtext und gleichzeitig auf weitere nachdenkenswerte Zitate konzentrieren.

Aber hört es euch selbst an! Vielleicht habt ihr ja mehr Fähigkeiten als ich.



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