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Melodien fürs Leben

Aktualisiert: 4. Feb. 2022

Musik, ein Tor zum Himmel. Auch für mich. Und das hat beileibe nicht etwas mit Beerdigung zu tun. Auch wenn da immer öfters individuell ausgesuchte Musik auf sehr emotionale Weise eingesetzt wird.


Musik spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben. Von klein auf habe ich gerne gesungen, war auf einem musischen Gymnasium, "musste" Klavier lernen 🎶. Ich tat das zwar freiwillig. Das Wort "müssen" zeigt aber wohl, dass ich meine Talente eher schon beim Sport aufgebraucht hatte. Trainieren in der Halle machte mir mehr Spaß als das Üben auf den Tasten. Gerne war ich aber in mehreren Chören und vor allem höre ich mir gerne immer wieder Konzerte an. Meine Stilrichtung ist dabei kunterbunt. Mich begeistern die unterschiedlichsten Genres.



Diese Fotos habe ich bei einem Freilichtkonzert des symphonischen Blasorchesters Beilngries aufgenommen.


Vor allem abends, wenn es ruhig im Haus ist: Dann kann ich die Zeit vergessen, wenn ich mich durch YouTube klicke. Die Uhr wandert dann schon mal ganz unbemerkt Richtung 3 Uhr. Aber momentan stört das ja keinen. Ich kann am nächsten Tag ganz unbeschwert liegen bleiben. Welch ein Geschenk, sich ganz seinem natürlichen Rhythmus hingeben zu dürfen.


Musik hebt meine Stimmung


Ich setze Musik auch bewusst ein, damit es mir stimmungsmäßig besser geht. Vor allem hohe Töne sind meins und ziehen mich tatsächlich nach oben. In unserem Buchladen habe ich bereits immer gerne Musik aufgelegt, unter anderem auch Trompetenkonzerte. Für mich hat dieses Instrument etwas festliches, königliches. Ihr klarer, heller Klang beflügelt mich. Auch wenn mein Freund und Orchesterleiter des "Symphonischen Blasorchester Beilngries" Hans Haas auf seinem Flügelhorn oft am Ende eines Konzert noch ein Solo spielt, könnte ich in dieser Musik aufgehen.


The Lions King von Elton John traumhaft einfühlsam vorgetragen von Hans Haas beim Herbstkonzert 2016 in Beilngries.

Geige hat aber auch was. Vor allem, wenn sie dieser begnadete Spieler und Charmeur David Garrett spielt. Mit "Viva La Vida" (Lebe das Leben) in voller Lautstärke habe ich so manchen Abend in meinem Buchladen beschlossen. Ich tanzte da fast schon durch den Laden und konnte so richtig vor dem nach Hause gehen abschalten. Es war dann auf jeden Fall besser, wenn zu der späten Stunde nach Ladenschluss kein Besucher mehr kam.




Immer wieder faszinieren mich auch Kinder, die musizieren oder selbst singen. Auch wenn nicht ganz perfekt, so haben sie oft eine gewisse Leichtigkeit und einen natürlichen Charme. Besonders beeindruckt mich dabei die Sängerin Amira Willighagen mit ihrem hohen Sopran. Schon seit mehreren Jahren verfolge ich ihren Werdegang. Bereits als Kind gewann sie mit brillant gesungenen Opernarien Wettbewerbe. Mittlerweile ist sie ein Star und mit großen Orchestern unterwegs.


Zwei Wochen lang streiche ich - mit vielen Unterbrechungen - unseren Keller. Ich genieße es, Farbe an die Wand pinseln zu können und mich dabei von Amira beschallen zu lassen. "I will be with you" , "With all my heart" und viele weiteren Lieder eignen sich da besonders gut, da diese auf YouTube nacheinander wie auf einer CD abgespielt werden. Eines schöner als das andere. Meine Lieblingslieder sind dabei "Amigos para Siempre" und "My way". Letzteres singen verschiedene Interpreten gemeinsam auf einem Konzert 2016 in Afrika. Jeder - so wie dieses Lied auch heißt - auf seine Art. So unterschiedlich wie Menschen eben nur sein können. Und das ist gut so. Jeder darf so sein wie er oder sie ist. Und das kann sogar zusammen harmonieren - wie bei diesem wunderschönen Stück!




Sentimentalität


Durch meine Krebserkrankung bin ich auch besonders sensibel. In diese Stimmung passt dann auch das Lied Morning of my life. Es war 1967 Weltbestseller von Esther und Abi Ofarim und den Bee Gees. Abi Ofarim ist im Mai 2018 gestorben und daher wurde dieses Lied gespielt. In diese Zeit fiel meine Krebsdiagnose. Mir gefiel dieses Lied auf Anhieb. Vor allem die klare Stimme dieser Sängerin. Eine YouTube-Version hörte ich mir hunderte Male an. Sie ist zwar sehr kitschig. Spiegelt aber vielleicht auch meine Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, nach Jugend und Leichtigkeit wieder.




Lieder über das Leben


Am 31. Juli 2018 ist die BR Radltour zu Gast in Berching. Ich gehe dort alleine hin. Ich bin das gewohnt, weil Georg solche Massenveranstaltungen nicht mag. Einen Tag vorher hatte ich meine 3. EC Chemo bekommen. Eigentlich ist das der anstrengendste Tag der Chemo. Aber mir geht es am Abend ganz gut. Ohne Angst vor Ansteckung stehe ich getarnt mit meiner Perücke mitten in der Menge - und auf der Bühne spielt die Gruppe Alphaville. Die Musiker und vor allem der Leadsänger sind in die Jahre gekommen. Die Band hatte ihren Höhepunkt vermutlich in den 80er Jahren. Viele der Lieder kenne ich auch gar nicht. Aber das ist egal. Die Stimmung ist klasse. Ich genieße es einfach da zu sein unter den Hunderten von gut gelaunten Radfahrern. Und dann kenne ich doch noch einen der Songs ganz gut. Es ist auch das Abschlusslied: Forever young!



Marian Gold, der Sänger von Alphaville lässt die Feuerzeuge glühen!


Bei diesem allseits bekannten Lied gehen Feuerzeuge an. Menschenmassen wiegen sich hin und her. Nicht alt werden. Wer will das nicht? Realistisch gesehen geht es ja nur, wenn man früh stirbt. Ich erinnere mich an das Lied von den "Böhsen Onkelz" "Nur die besten sterben jung". Dieses wurde am Ende einer Beerdigung eines jungen Mannes bei uns einmal gespielt. Ist das die Alternative? Oder reicht es auch, wenn man einfach in seiner Haltung jung bleibt. Mein Körper zeigt klar seine Spuren, bzw. Falten. Aber innerlich möchte ich mir zumindest Jugendlichkeit bewahren, so lange es geht. Tausend Gedanken und Emotionen überschütten mich. Wahrlich ein Geschenk, dass dieses Konzert gerade jetzt vor unserer Haustür ist. In dankbarer Haltung, dass es mir gut geht und ich dies erleben darf, mache ich mich wieder alleine auf den Heimweg.


Der Graf mit seinen tiefgehenden Liedtexten


In meinem Chemo-Sommer treffe ich mich öfters mit einem jesidischen Geflüchteten aus de, Irak. Falah hat eigentlich einen Ausbildungsplatz in Baden Württemberg bekommen, weiß aber bis zum Ausbildungsbeginn immer noch nicht, ob er umziehen darf. Er hat noch keinen Deutschkurs besucht und ich lerne ein bisschen mit ihm. Er spricht allerdings schon ganz gut unsere Sprache. Unter anderem hört er zum Deutsch lernen gerne Lieder. So spielt er mir ein Lied von der Gruppe "Unheilig" vor. Diese Texte sind so klar gesprochen, dass er sie gut verstehen kann.


Das erste Mal hörte ich ein Lied von dieser Band bei der Hochzeitszermonie unseres Neffen. Ich wunderte mich, dass ausgerechnet eine Gruppe mit so einem provokativen Namen dort gespielt wurde. Ich vermutete hinter diesem Namen doch eher etwas Negatives. Ich weiß auch das Lied gar nicht mehr, das bei der Hochzeit gespielt wurde.


So kannte ich zunächst auch nicht den Lied-Titel, den mir Falah vorgespielt hatte. In dem Video ging es um eine Frau, die Krebs hat. Ich schaute wie gebannt auf die Szenen beim Arzt, als er der Frau die Diagnose sagte. Später kam sie in die Klinik. Hatte keine Haare mehr. Alles war für mich so real. Als Falah das merkte, klickte er es schnell wieder weg. Ich war allerdings so gespannt darauf, was mit dieser Frau weiter passierte, dass ich mich zu Hause in YouTube auf die Suche nach diesem Song machte. Ich wollte unbedingt wissen, wie dieses Musikvideo ausging. Er hat es mir dann schließlich auf mein Drängen noch einmal gezeigt. Es heißt: "Stark". Und so ist es auch. Einfach stark.





Genauso klasse wie die vielen anderen Lieder von Unheilig, die ich beim Suchen im Internet noch entdecke: "Geboren um zu leben", "So wie du warst" , "An deiner Seite" und viele mehr. Die markante Stimme des glatzköpfigen Frontmannes mit seiner schwarz-weißen Kleidung unterstreicht die tiefgründigen Texte. Ich schaue dazu seine Lebensgeschichte an. "Der Graf", wie sein Künstlername heißt, war immer auf der Suche nach sich selbst. Er war ursprünglich total schüchtern, stotterte und hatte Panik öffentlich zu sprechen. Anfangs versteckte er sich daher hinter extravagantem Aussehen. Seine Vorbilder waren dabei eher die harten Gruppen wie etwa Rammstein. Erst später, als er sich gefunden hatte, brauchte er diesen Schutzmantel nicht mehr. Seine Lieder wurden melodischer. Er singt nun Balladen und wird einer der erfolgreichsten deutschen Sänger. Und dann hört er auch schon wieder auf. Sein Abschlusskonzert im November 2016 in Köln war sehr bewegend. Vor hunderten von Leuten singt er: "Es ist Zeit zu gehen". Oder doch nicht?! Eben habe ich im Internet gelesen: Er kam wieder zurück und will nun im August 2019 sein letztes Konzert geben. Er hat sein Ziel erreicht: Sich gefunden. Aber deswegen nun aufhören?




Wann "Der Graf" letztendlich wirklich abtritt, kann er wohl selbst entscheiden. Kann ich das auch?


Ein Stück weit ja. Man kann das Bestmöglichste tun, um sich gesund zu halten. Dazu gehört auch, dass man darauf achtet, dass es einem gut geht. Und Musik verhilft mir dazu. So ist vielleicht Musik auch ein kleiner Schlüssel zu einem langen Leben. Zumindest eröffnet sie einem schon mal ein bisschen den Himmel auf Erden!










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