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Abschied von Adonis

Seit sieben Monaten weiß ich jetzt von meinem unliebsamen Begleiter Adonis. Vermutlich schlummert er sogar schon einige Monate länger in meiner Brust. Den Namen Adonis habe ich dem Tumor wegen seinem medizinischen Namen Adenocarcinom gegeben. Nun ist es Zeit, mich von dem Bösewicht zu trennen.

Am 18.12.2018 steht die Brustentfernung an. Ganz am Anfang meinte ein Arzt noch, dass man durch die vorgezogenen Chemo den Krebs vielleicht so klein bekommen könnte, dass man bursterhaltend operieren kann. 70 Prozent aller Frauen werden tatsächlich mit dieser schonenderen Variante operiert. Bei mir ist aber auch bereits die Haut um die Brustwarze herum befallen. Das bedeutet alle vier Quadranten der Brust sind vom Krebs betroffen. Daher macht es Sinn, die Brust ganz zu entfernen. Damit kann man vermeiden, dass Krebszellen zurückbleiben. Zudem wurde der Tumor nicht so klein wie erhofft.


Vorgespräch im Klinikum in Ingolstadt


Eine Woche vor dem Operationstermin habe ich wieder ein Gespräch mit Professor Aydeniz. Einer glücklichen Entwicklung habe ich es zu verdanken, dass er mich selbst operiert. Darüber bin ich sehr dankbar. Er nimmt sich total viel Zeit für mich und ermutigt mich, alle Fragen loszuwerden, die mir wichtig sind. So traue ich mich nun - anders als bei der Operation zum Port - zu erzählen, dass ich Volleyball spiele. Er notiert sich das sofort und meint: "Gut, dass Sie das sagen." So werde er genügend Haut lassen, damit ich meinen Arm auch komplett über dem Kopf ausstrecken könne. Dabei macht er die passende Bewegung wie bei einer Angabe und erzählt, dass er früher auch gerne Volleyball gespielt habe.


Brustaufbau ja oder nein?


Ob ich später einen Brustaufbau machen möchte, das muss ich jetzt noch gar nicht wissen. Dieser wird oft erst später gemacht. So habe ich Zeit erst einmal zu schauen, wie ich ohne Brust zurecht komme. Eigentlich wollte ich ursprünglich nicht, dass ich durch weitere OPs außer Gefecht gesetzt werde. Aber auf Anraten meiner Tochter Anna habe ich mich nun doch schon einmal mit diesem Thema auseinandergesetzt. Dazu gibt es gute YouTube-Videos. Diese erklären sehr anschaulich die unterschiedlichen Möglichkeiten mit Implantaten aus Silikon oder der Verwendung von Eigenfett. Dieses wird aus dem Bauch herausgeschnitten, sofern man ausreichend hat. Zu meinen Freundinnen meinte ich spaßeshalber auf meine Bauchringe deutend: "Eigentlich arbeite ich schon seit Jahren auf zwei große Brüste hin." Denn die andere Brust würde dann später optisch angepasst. Naja, so ganz verkehrt ist das vielleicht doch nicht. Andere bezahlen ein Heidengeld für eine schönere Brust und eine Bauchstraffung. Aber Schönheit ist ja nicht alles. Denn es ist schon alles auch mit zusätzlichen Risiken, wie Wundheilungsstörungen, Thrombosen etc. behaftet. Von daher ist es gut, dass ich diese Entscheidung jetzt noch nicht fällen muss.


Meine Schwierigkeiten mit dem Port


Mein Port weit außen an der Achsel.

Ich erzähle dem Chirurgen noch davon, dass ich immer wieder Probleme mit dem Port habe. Ich könne allerdings nicht eindeutig sagen, ob die Schmerzen von meinen Schulterproblemen oder tatsächlich vom Port kommen. Er meint dazu: „Dann entfernen wir ihn einfach bei der Operation gleich mit. Im Falle eines Rückfalls muss man dann halt gegebenenfalls wieder einen neuen Zugang zur Vene legen. Aber dann weiß man zumindest von wo die Schmerzen gekommen sind." Das ist jetzt aber eine erfreuliche Nachricht. Dieses für mich nervige Teil auch gleich loszuwerden ist für mich eine echte Befreiung. Es hat mich lange genug geärgert. Andere Frauen hatten nie Probleme mit dieser Plastikdose unter der Haut. Sie haben diese vorsichtshalber unter ihrem Schlüsselbein gelassen und sich erst Jahre später bei einer weiteren Operation davon getrennt.


Wann beginnt denn die Bestrahlung?


Auf meine Frage nach dem Beginn der Bestrahlung meint der Professor: „Normalerweise wenn die Operationswunde abgeheilt ist. Das heißt so ungefähr 6 Wochen nach dem Eingriff." Aber es sei noch gar nicht sicher, ob ich Bestrahlungen bekomme. Das hängt nämlich vom Operationsergebnis ab. Das ist für mich nun aber neu. Ich bin eigentlich fest davon ausgegangen, dass ich auch bestrahlt werde. Nun erfahre ich, dass die komplette Vorgehensweise immer erst in einer weiteren Tumorkonferenz besprochen wird. Diese findet ungefähr zwei Wochen nach der Operation statt, wenn alle Untersuchungsergebnisse vorliegen. Das heißt, es wird bis dahin wieder etwas spannend.


Wächterlymphknoten: Ein entscheidender Faktor


Ob ich bestrahlt werde hängt auch davon ab, ob der Wächterlymphknoten nun befallen ist oder nicht. Dieser wird auch Sentinel node genannt und ist sozusagen der erste Lymphknoten zur Brust hin. Es kann von diesem auch zwei oder gar drei geben. Er fungiert wie ein Filter. Wandern bösartige Zellen aus der Brust in den Körper ab, fängt der Lymphknoten diese normalerweise sofort ab. Das heißt Krebszellen können auch dort landen. Deshalb wird einen Tag vor der Operation mein Wächterlymphknoten radioaktiv markiert - so kann er eindeutig während der Operation gefunden werden. Dieser wird noch während der Operation durch einen Schnellschnitt untersucht. Ist dieser bereits mit Krebszellen befallen, werden weitere Lymphknoten aus der Achselhöhle entfernt. Bei mir wurden die Lymphknoten bisher durch Abtasten, Ultraschall und auch CT untersucht. Immer hat es geheißen: Die Lymphknoten sind frei. Eine aussagekräftige Diagnose gibt es aber erst durch eine histologische Untersuchung des entfernten Gewebes während der Operation. Das war mir irgendwie auch noch nicht so ganz bewusst.


Meine Gedanken zur Operation


Ich habe dieses Thema mit der Operation lange Zeit ruhen lassen, mich in den letzten Wochen aber vermehrt damit befasst. Angst davor habe ich nicht. Ich werde ja durch Professor Aydeniz selbst operiert. Er ist ein total sympathischer und vor allem einfühlsamer Arzt. Ich fühle mich bei ihm in besten Händen. Die Operationsmethoden sind bei uns auch meist so, dass man sich wirklich nicht verrückt machen muss. Natürlich ist mir aber auch bewusst, dass immer Komplikationen auftreten können.


Von daher wird es noch einmal ein spannendes Erwachen geben. Ich lege mich gedanklich momentan nicht auf irgendein Ergebnis fest, damit ich in kein Loch falle. Ich werde akzeptieren müssen, wenn meine Lymphknoten befallen sein sollten.


Ich hoffe aber natürlich auf einen für mich positiven Ausgang. Es ist für meinen Kopf auf jeden Fall beruhigender, wenn die Lymphe noch nicht befallen sind. Von der Überlebensprognose ganz abgesehen. Zudem ergeben sich durch eine Achselausräumung oft Beschwerden mit dem Ableiten der Lymphflüssigkeit aus dem Arm. Manchmal wird dieser dicker. Viele Frauen müssen dann einen Strumpf am Arm tragen oder bekommen Lymphdrainage bei einem Physiotherapeuten verordnet. Auf das alles würde ich gerne verzichten.


Vermutlich darf ich an Heilig Abend vom Krankenhaus wieder nach Hause. Daher habe ich dieses Jahr vor allem den einen Wunsch zu Weihnachten: Dass die Lymphknoten frei von Metastasen sind. Und natürlich auch, dass keine Komplikationen und negative Überraschungen bei der Operation auftreten.


.... und dann könnte für mich Weihnachten kommen.








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