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Stade Adventszeit?

Aktualisiert: 23. Aug. 2021

Adventsmarkt in Plankstetten. Die Buchhandlung ist gut gefüllt. Ich stehe plötzlich einer Frau gegenüber. „Kennen wir uns?", steht in den Gesichtern von uns beiden.


Ganz zufällig treffen wir uns bei der Kartenwand in unserer Klosterbuchhandlung.


Die Frau überlegt genauso krampfhaft wie ich: „Woher könnten wir uns denn kennen?" Da muss ich grinsen. Sie lacht zurück: „Gell, Sie sind es." Wir kennen uns beide eher „ohne Haare", bzw. nur „mit Perücke". Klar! Wir saßen öfters mal zusammen bei unserem Onkologen in Beilngries. Wir begrüßen uns herzlich, als wären wir seit Jahren die besten Freundinnen. Krankheit verbindet. Vor allem überstandene. Der Frau geht es sehr gut. Sie hatte ebenfalls Burstkrebs und nimmt nun als Dauermedikation Letrozol. Das ist die Antihormontherapie, wenn man bereits vor der Chemo in den Wechseljahren war. Ich erzähle ihr gerade davon, dass ich Tamoxifen nehme. Da schaltet sich auf einmal eine uns beiden unbekannte Frau ein: „Ich kann auch mitreden!", meint sie lächelnd. Auch sie ist eine Betroffene. So stehen wir nun zu dritt mitten im Buchladen und unterhalten uns intensiv über Therapien, Reha-Aufenthalte und momentane Nebenwirkungen. Ich meine scherzend, wenn wir jetzt noch ein bisschen lauter sprechen, kommen vermutlich noch weitere betroffene Frauen dazu. Laut Statistik hat ja jede 10. Frau Brustkrebs. Daher seien mit Sicherheit noch weitere Frauen auf dem überfüllten Gelände des Klosters.


Und tatsächlich, es dauert keine halbe Stunde und Elke, meine Zimmerkollegin aus dem Krankenhaus und ihr Mann besuchen mich in der Buchhandlung. Schon irre! Sie wäre dann Nummer vier in unserem Betroffenenkreis gewesen.


Auch mein Mann Georg ist auf dem Plankstettener Adventsmarkt mit Zweigerl und Christbäume ganz in meiner Nähe.




So viele Frauen teilen dieses Schicksal


Es ist wirklich spannend. Seit der Diagnose sind mir bereits einige Frauen in der Klosterbuchhandlung begegnet. Aber sogar auf der Straße haben mich Frauen angesprochen und mir gesagt, dass sie etwas Ähnliches durchlebt haben. Manche wissen von mir durch die Zeitungsartikel im Donaukurier. Es tut gut miteinander ins Gespräch zu kommen. Allerdings hatte ich auch eine Begegnung, bei dem der Mann mich ganz freudig begrüßte und gleich erzählte, dass nun auch seine Frau Betroffene sei. Er erhielt dann aber eher einen nicht ganz freundlichen Blick von seiner Gattin zugeworfen. Sie wollte nicht, dass er darüber sprach. Ich kann das voll akzeptieren. Jeder Mensch hat eben seine eigene Art wie, wann und mit wem er über seine persönlichen Lebensumstände sprechen möchte oder eben auch nicht. Alles ist in Ordnung. Solange es dem Menschen damit gut geht.


Ich bin ein Mensch, der gerne ganz offen über seine Krankheit spricht. Gerade jetzt noch, wo das Ganze ja noch sehr aktuell ist, nutzte ich die Möglichkeit mit Frauen ins Gespräch zu kommen. Ich will sie vor allem ermuntern, achtsam mit sich umzugehen. Aber auch ich werde bei solchen Gesprächen meist umgekehrt immer wieder ermahnt, auf mich aufzupassen. Ich muss das wohl einfach immer wieder hören. Denn eigentlich mache ich ja schon wieder viel zu viel.


Dezember, der stressigste Monat des Jahres


Keine Ahnung wie ich das jemals schaffen soll. Ich bin schon wieder voll drin. Der Dezember ist aber auch ein Wahnsinnsmonat. Nichts von besinnlicher Adventszeit. Wir haben jeweils das 1. und 2. Wochenende Adventsmarkt im Kloster. Zwischen den beiden Märkten muss verkaufte Ware sofort wieder nachbestellt und natürlich auch ausgepackt werden. Dann hat mein Mann am 2., 3. und 4. Adventswochenende Christbaumverkauf auf seiner Kultur. Dabei bewirte ich gerne die Gäste mit Glühwein und Plätzchen. Zudem stockt mein Sohn ja gerade noch sein Haus mit einer Holzständerbauweise auf. Minimal will ich auch dort meinen Beitrag leisten. Auf unser Enkelkind Evelin möchte ich natürlich auch nicht verzichten. Einmal pro Woche nehme ich mir vor, nachmittags mit der süßen Maus spazieren zu gehen und dabei seine Mama ein bisschen zu entlasten. Und dann ist da noch die alljährige Vielzahl an Weihnachtsfeiern ...


Eigentlich mag ich die Arbeit auf dem Bau. Leider fehlt mir die Zeit, mehr mitzuhelfen.



So komme ich zu nichts anderem mehr. Mein Haus ist weder weihnachtlich geschmückt, noch aufgeräumt. Mir fehlt auch total die Zeit zum Blogschreiben. Und wenn ich Zeit habe, bin ich oft zu müde dazu. Ich lese dann lieber im Forum. Dabei stoße ich oft auf Frauen mit ähnlichem Krebs wie ich ihn hatte. Manche haben noch Bestrahlung oder die Tablettenchemo vor sich. Gerne gebe ich dann meine Erfahrungen weiter.


Keine Ahnung, wie ich mit all dem weitermachen soll. Ich denke, das wird wohl meine größte Herausforderung werden: Zu lernen, wann ich wie viel machen soll. Auf jeden Fall freue ich mich jetzt schon auf meine Kur im Februar. Da werde ich sicherlich wieder mehr Zeit haben. Wobei ich weiß, dass man auf einer Reha schon durchaus auch ein straffes Programm haben kann.


Fast sehne ich mich an die ruhigen Zeiten im letzten Jahr zurück. Da kam ich kurz vor Weihnachten ins Krankenhaus. Mein durch weihnachtliche Vorbereitungen hektische Leben stoppte schlagartig. Ich hatte auf einmal Ruhe und Zeit Weihnachtsbriefe zu schreiben und zu versenden ...


Man kann eben nicht alles haben. Ich werde versuchen zu lernen. Aber irgendwie ist es ja auch zu schön: Zu powern und Erfolgserlebnisse durch sein Tun zu haben. Aber natürlich das Ganze in Maßen. Ruhepausen sollten nicht vergessen werden. Es darf nicht wieder kippen. Wie heißt eine der drei Säulen, um gesund zu werden oder zu bleiben? Leben in Balance. Wissen würde ich es ja. Ich habe davon auch in meinem Vortrag über meine Krankheit erzählt. Jetzt sollte ich es halt auch umsetzen.


Diese Grafik hatte ich in einer Powerpoint für meinen Vortrag erstellt. Zumindest hier schaut das Ganze recht klar und einfach aus.

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