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Kleines Wunder bei den Neuwahlen des Freundeskreis Gymnasium Beilngries

Aktualisiert: 2. März 2022

Eigentlich hätten wir bereits im Mai Neuwahlen gehabt. Diese mussten wir damals verschieben. Das war im Nachhinein gut.

Nun ist die Wahl für den 11. Juni 2018 angesetzt. Eine Woche zuvor habe ich nun erfahren, dass ich ein Adenokarzinom habe.


Es liegen aber noch keine weiteren Untersuchungsergebnisse vor. Ich weiß nicht, was alles auf mich zukommt. Ich denke, es ist besser, ich trete das Amt der 1. Vorsitzenden nicht mehr an. Bereits vor ein paar Monaten hatte ich schon mit mir gerungen, ob ich diesen Posten überhaupt noch machen sollte. Mir war doch eigentlich so vieles zuviel. Ich kam meinen vielen Verpflichtungen kaum mehr nach. Aber wer sollte diesen Job übernehmen? So leicht würde sich da sowieso keiner finden lassen. Außerdem war ich auch immer noch gerne an der Schule.

Jetzt ist es offensichtlich. Ich will mich mit der Diagnose Krebs nicht mehr aufstellen lassen. Aber wie jetzt so schnell einen Nachfolger finden? Im Vorfeld hatten wir bereits mehrere Kandidat/innen gefragt. Aber keiner war bereit dazu. Robert Auenhammer meint, er hätte noch Stefan Krauß fragen können, aber das sei so kurzfristig vor der Wahl wohl nun zu spät.


Daher trifft sich unsere Vorstandschaft bestehend aus meinem Stellvertreter Hans-Dieter Niederprüm und unserem Schriftführer Hermann Emmerich bei unserem Kassier Robert Auenhammer am Tag vor der Wahl zu einer Krisensitzung.


Wir überlegen uns einen Notfallplan. Mehrere Varianten sind möglich. Ich will aber auf keinen Fall mehr zur Wahl antreten: Also entscheiden wir uns, eine Neuwahl bis Herbst auszusetzen, falls sich bei der Mitgliederversammlung niemand für die Vorstandschaft aufstellen ließe. Soweit es mir einigermaßen gut ginge, würde ich das Amt somit bis Herbst weiterführen. Sogar die Rede bei der Verabschiedung der Abiturient/innen, die ich schon fast fertig in der Schubladen habe, will ich soweit möglich trotz Chemo noch halten. Wenn es mir nicht gut ginge, würde jeweils mein Stellvertreter einspringen.


Mit dieser Vorgabe eröffne ich am Montagabend um 19.00 Uhr die Sitzung. Wie fast vermutet sind trotz persönlicher Einladung nur die Funktionäre da. Dies sind die Schulleiterin Sabine Nolte-Hartmann, der Lehrer Rüdiger Stein, eine unserer Kassenprüferinnen Kerstin Emmerich, Herr Patzelt von der Presse und unsere Vorstandschaft ohne Robert Auenhammer, der krankheitsbedingt verhindert ist.

In meiner Begrüßung weise ich sofort darauf hin, dass unsere Wahl wohl nicht statt finden könne, da ich nicht mehr antreten würde und es keinen Kandidat gäbe. Danach stelle ich die weiteren Tagesordnungspunkte vor.

Kaum bin ich damit fertig, geht die Türe auf und ein Mann kommt verspätet herein. Meine Vorstandskollegen begrüßen ihn herzlich, scheinbar kennen sie ihn. Ich frage nach seinem Namen und erhalte zur Antwort Stefan Krauß. Ok. Zumindest den Namen habe ich schon einmal gehört. Ich erkläre ihm unsere momentane Situation: Wir können nicht wählen und füge lächelnd hinzu: "Es sei denn, Sie wären bereit, den 1. Vorsitz zu übernehmen." Mit einem Schmunzeln antwortet er, dass das dann wohl Ämterhäufung sei. Er sei bereits der 1. Vorsitzende des Freundeskreises an der Realschule.

Ich lasse es dann erst einmal bei dieser Aussage und wir arbeiten die einzelnen Tagesordnungspunkte ab.



Neuwahlen


Nach Berichten über die Ereignisse der letzten drei Jahren, Kassenprüfung und Vorträge von Frau Nolte-Hartmann und Herrn Stein kommt nun Punkt 9 der Tagesordnung: Neuwahlen. Intuitiv frage ich noch einmal Stefan Krauß, ob er denn eventuell doch den 1. Vorsitz übernehmen würde. Und er sagt einfach: "Ja."

Nun bin ich doch etwas perplex. Bin ich doch auf einmal ganz überraschend meinen Job los.? Doch ich fasse mich sehr schnell, ziehe die Wahl durch und gratulierte der neuen Vorstandschaft.

Bereits vorher bekam ich von der Schulleiterin und meinen Vorstandskollegen nette Dankesworte.

Nun bin ich an der Reihe. Ich hatte nicht gewusst, dass das mein Abschied wird. Trotzdem hatte ich kleine Büchlein "Ich habe nach dir gewonnen" von Kristina Reftel als Dankeschön für die geleisteten Arbeiten für die beiden Lehrer, die Kassenprüfer und die Vorstandsmitglieder dabei.


Ich bin dankbar


Für mich waren die drei Jahre sehr bereichernd. Zu den Elternabenden am Schuljahresanfang stellte ich immer unseren Verein vor. Als Mutter, die mit dem Thema Schule schon durch war, war es mir wichtig, den Eltern einen gewissen Weitblick mit auf den Weg zu geben - Mut zu machen, die gesunde Persönlichkeitsentwicklung ihrer Kinder über die Notengebung zu stellen. Ich durfte Abiturient/innen und einen Schulleiter verabschieden und die neue Schulleiterin in einer Einführungsfeier willkommen heißen. Ich rede prinzipiell gerne vor einem größeren Publikum. Auch wenn ich jedes mal kurz vorher die Kriese bekomme und mich frage: Was mache ich hier eigentlich?


Viele schöne persönliche Begegnungen mit Schüler/innen, Eltern und Lehrer/innen bei Elternsprechtagen, Aufführungen und Schulfeiern haben diese Zeit für mich sehr angenehm gemacht. Ich möchte sie nicht missen. Vor allem auch in der Zusammenarbeit mit meinen Vorstandskollegen und mittlerweile auch Freunden durfte ich viel lernen. Wir haben uns in unserer Unterschiedlichkeit sehr gut ergänzt.


Zum Schluss lese ich spontan meine Lieblingsgeschichte "Ich bin dankbar ..." aus dem mitgebrachten Büchlein von Kristina Reftel vor.


https://www.leben-mit-adonis.com/blog/ich-bin-dankbar


Danach stellen wir uns zum Pressefoto auf.



Führungswechsel: Stefan Krauß (Mitte) steht künftig an der Spitze des Vereins der Freunde des Gymnasiums Beilngries. In ihren bisherigen Ämtern bleiben Hans-Dieter Niederprüm (2. von links) und Hermann Emmerich. Verabschiedet wurde Ingrid Dütsch (links), die eindrucksvolle Dankesworte von der Schulleiterin Sabine Nolte-Hartmann entgegennehmen durfte.  Foto: Patzelt Stefan Krauß tritt in die Fußstapfen von Ingrid Dütsch, die sich nicht mehr zur Wahl stellen konnte.
Führungswechsel: Stefan Krauß (Mitte) steht künftig an der Spitze des Vereins der Freunde des Gymnasiums Beilngries. In ihren bisherigen Ämtern bleiben Hans-Dieter Niederprüm (2. von links) und Hermann Emmerich. Verabschiedet wurde Ingrid Dütsch (links), die eindrucksvolle Dankesworte von der Schulleiterin Sabine Nolte-Hartmann entgegennehmen durfte. Stefan Krauß tritt in die Fußstapfen von Ingrid Dütsch, die sich nicht mehr zur Wahl stellen konnte. Foto: Patzelt

Erst zu Hause nehme ich richtig wahr, wie genial der Abend gelaufen ist. Nun ist ein sauberer Abschluss da und ich kann mich voll auf meine Krankheit konzentrieren.


Gibt es eigentlich Wunder? Irgendwie war dies eins. Ich hoffe, es gibt noch mehr davon!


Als Herr Krauß später zur Übergabe kommt, frage ich ihn aber noch: "Wer hat dich denn nun für diese Aufgabe angesprochen?". Ich bin mir total sicher, dass Herr Auenhammer ihn doch noch angerufen und ihn für den 1. Vorsitz motiviert hatte. Er macht aber deutlich, dass ihm erst am Wahlabend noch einmal die Einladung in die Hände gefallen sei und er daraufhin einfach kurzentschlossen gekommen sei.

Wir unterhalten uns noch sehr lange an diesem Abend. Ich empfinde Stefan Krauß als sehr kompetenten Nachfolger. Dies bestätigen auch andere, nachdem er seinen ersten öffentlichen Auftritt bei der Abiturfeier hatte.

Ich habe zu diesem Zeitpunkt bereits meine Chemo. Aus der Zeitung lese ich von der Feier. Ich verspürte keinerlei Wehmut, obwohl ich diesen Job freiwillig nicht aufgegeben hätte.

Nun war ich eigentlich erleichtert. Neuer Freiraum!



Loslassen können


Warum ist das so, dass man sich freiwillig oft nicht von einer Aufgabe trennen möchte? Mir fallen da vor allem die Bauern ein. Oft alte Leute, wie damals auch meine Schwiegereltern. Mit Tränen in den Augen wird die letzte Kuh aus dem Stall getrieben und bereits nach wenigen Wochen ist man dankbar darüber, dass man diese schwere tägliche Arbeit nicht mehr machen muss.


Loslassen, Abschied nehmen! Nicht leicht, aber manchmal hilfreich und notwendig.

Spannend auch, wie schnell man manchmal auch ersetzbar ist. Das ist in Ehrenämtern nicht anders als auch in Berufen. Oft ist ein Generationswechsel zudem sehr sinnvoll. Neue Ideen lösen eingefahrene Muster ab, über deren Sinnhaftigkeit man gar nicht mehr reflektiert hat.

Natürlich kann es auch vorkommen, dass der scheidende Vorsitzende eine so große Lücke hinterlässt, dass der Verein fast vor seiner Auflösung steht. Wie geht der langjährige Vorsitzende dann mit dieser Situation um, vor allem wenn er über viele Jahre sehr viel Herzblut reingesteckt hat.


Es gibt dazu mit Sicherheit - wie so oft - keine Musterlösung. Klar ist, dass es nicht das Opfer eines Einzelnen sein sollte. Ehrenamtlichen sollte es immer gut in ihrer freiwilligen Aufgabe gehen und es sollte ihnen Freude und Kraft schenken. Nur so können alle profitieren.


Alles hat seine Zeit, steht schon in der Bibel. Und wenn die Zeit reif ist, sollte man sich vielleicht auch zur rechten Zeit trennen können. Dabei ist jeder für sich selbst verantwortlich. Jeder muss sich selbst auch ein Stück der Nächste sein. Und spannend ist es, wie schnell man oft doch ersetzbar ist. Wie fast überall im Leben. Die Welt dreht sich weiter. Sie eiert vielleicht am Anfang ein bisschen. Aber das war es auch schon.


So würde ich bei mir sagen: Ende gut. Alles gut!



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